Chronik 1920 – 1988

Die Gründungssversammlung des Junggesellenvereins „Gemütlichkeit“ Oberdrees fand am 11. Juli 1920 in der Gastwirtschaft Vilz, später Bauerfeind, statt. In dem alten Protokollbuch sind als Gründungsmitglieder Johann Kaspari, Jakob Konzen, Wilhelm Mörs, Josef Dahlhausen, Peter Zavelberg, Wilhelm Heck, Johann Rose, Josef Schnitzler, Heinrich Zavelberg, Wilhelm Kaspari, Peter Kaspari, Hubert Eschweiler, Matthias Hoß, Hubert Fuhs und Wilhelm Dahlhausen aufgeführt. Diese 15 Junggesellen wählten aus ihrer Mitte folgenden ersten Vorstand.

Präsident:                          Johann Kaspari

Stellvertreter:                  Jakob Konzen

1. Schriftführer:               Peter Zavelberg

2. Schriftführer:               Wilhelm Heck

1. Kassierer:                      Wilhelm Mörs

2. Kassierer:                      Josef Dahlhausen

1. Fähnrich:                        Johann Rose

2. Fähnrich:                        Josef Schnitzler

Damit war der junge Verein etabliert und sehr bald konnten noch zehn weitere Mitglieder aufgenommen werden. Das “Eintrittsgeld“ betrug 0,50 Mark.

Noch im selben Jahr hielt der Verein, wie der Chronist schreibt, “eine Sammlung durch das Dorf ab“; wobei man beachtliche 600 Mark einnehmen konnte. Durch diese großzügige Spende der Oberdreeser Bevölkerung war es möglich, sowohl die erste Vereinsfahne, als auch vollständige Uniformen für die Vereinsmitglieder anzuschaffen. Der Verein war “salonfähig“ geworden.

Am Sonntag, dem 1. Mai 1921 feierten die Oberdreeser Junggesellen ihr erstes Maifest. Nachdem am Vorabend der Maibaum eingeholt wurde, war um 21 Uhr Zapfenstreich. Am Sonntagmorgen um fünf Uhr Weckruf durch das Dorf, 9.15 Uhr gemeinsamer Kirchgang, 14 Uhr Festzug und anschließender Maiball. Erstes Oberdreeser Maikönigspaar waren Jakob Konzen und Margret Kaspari.

Vor dem Fest findet die Mailehenversteigerung statt. Nach den alten Statuten ist jedes Mitglied verpflichtet, bei der Versteigerung, bei der jedes Mädchen durch einen “Auktionator“ wortreich angepriesen wird, ein Mädchen zu pachten. Maikönig ist, wessen Mailehen den höchsten Versteigerungsbetrag erzielt. Dieses Mädchen ist dann natürlich auch Maikönigin.

Verpachtet werden auf diese Weise alle unverheirateten Mädchen und Frauen ab Vollendung des 16. Lebensjahres. In Oberdrees wird außerdem noch eine “Sonderversteigerung“ der Wirtinnen durchgeführt. Der glückliche Gewinner kann sich bei seiner Wirtin zu Ostern die Ostereier abholen und hat frei Trinken.

Die bei der Mailehenversteigerung nicht an den Mann gebrachten Mädchen fallen dem sogenannten “Knubbel“ – heute Rummel genannt – zu, der im Block gepachtet werden kann. Derjenige Junggeselle, der diesen “Knubbel“ pachtet, wurde früher “Knubbelhalfe“ – heute Rummelskönig – genannt.

Jeder Junggeselle ist verpflichtet, seinem Mailehen am Vorabend des 1. Mai “einen Maien zu stecken“, das heißt am Haus des Mädchens eine geschmückte Birke als Maibaum aufzustellen. Der “Knubbelshalfe“ musste früher stattdessen jede Pumpe im Dorf “mit einem Maien versehen“.

Am Maifeiertag wird dann der Maibaum des Maikönigs, in Oberdrees seit jeher eine gewaltige, mit bunten Bändern geschmückte Fichte, vor dem Haus der Maikönigin aufstellt. Dieses vollzieht sich unter den Klängen des Tambourkorps, mit Fähndelschwenken und Tanz des Maikönigspaares unter der Vereinsfahne. Anschließend zieht man zum Dorfplatz, wo der ebenso gewaltige “Rummelsbaum“ für den “Knubbel“ aufgerichtet wird. An diesen Aktionen haben alle Junggesellen pflichtgemäß teilzunehmen.

Am 8. Januar 1922 veranstaltete der Junggesellenverein seinen ersten großen Theaterabend. Aufgeführt wurde “Die besiegte Kaufgierde“ und andere “Luststücke“. Obwohl es damals noch kein Fernsehen gab, war der Saal, wie der Chronist schreibt, nur schwach besetzt. Trotzdem wurde ein Überschuss von 540,70 Mark erzielt, der ganz zum Neubau der Kirche gegeben wurde.

Damals wurden die beiden Seitenschiffe der Kirche angebaut, das gesamte Kirchengewölbe in Schwemmstein ausgeführt sowie das Kirchendach völlig neu errichtet. Die Baumaßnahmen wurden in den Jahren 1921/22 durchgeführt und die Kirche wurde damit um das Doppelte vergrößert. Weiter wurden dreizehn neue, gebrannte Fenster mit figürlichen Darstellungen eingebaut. Eine neue Kanzel, ein neuer Beichtstuhl, ein neuer Hochaltar sowie die beiden Seitenaltäre, deren Aufsätze aus dem alten Barock-Hauptaltar umgebaut wurden, vervollständigten die neue Ausstattung. Sämtliche Mittel zum Bau und zur Ausstattung der Kirche brachten die Einwohner von Oberdrees ganz alleine auf.

Den Verlauf des Maifestes 1922 beschreibt der Chronist recht ausführlich und ich möchte ihn deshalb hier selbst zu Wort kommen lassen:

“Am Vorabend wurde um sieben Uhr der Maibaum eingeholt in Begleitung der Musikkapelle Schorn und des Tambourkorps “Gut Klang“ Oberdrees. Um neun Uhr ging ein Fackelzug durchs Dorf. An der Kirche versammelten sich sämtliche Teilnehmer und dann wurde ein Feuerwerk hergerichtet. Raketen feuerten durch die Luft und durch das Ablassen von Böllern wurden fast alle Ortsbewohner aus der Ruhe gebracht und alles stürmte herbei. Um zehn Uhr wurde wieder abgezogen zum Stammlokal Bauerfeind. Am Festtag selbst war morgens um fünf Uhr Weckrufen und um neune Uhr gemeinsamer Kirchgang in Begleitung des Tambourkorps. Um halbzwei wurden das Königspaar und die Dorfvereine abgeholt. Um zwei Uhr trafen die auswärtigen Vereine ein und um drei nahm der Festzug seinen Abgang vom Stammlokal aus. Danach begann der Festball. Der Festball war ziemlich gut besucht.“ Soweit der damalige Schriftführer.

Im November wurde im Saale Bauerfeind nochmal ein Theaterabend angeboten. Zur Aufführung kam das “Schaustück – Die letzten Ritter von Treuenfels“ und mehrere “Luststücke“. Auch hier war die Besucherresonanz leider nur mäßig. Später ging der Verein mit seinem Theaterensemble auch in verschiedene umliegende Ortschaften auf Tournee. Die Einnahmen reichten jedenfalls für eine kleine Aufbesserung der Vereinskasse.

Der Junggesellenverein war seit seinem Bestehen auch Ausrichter der Oberdreeser Kirmes. Aber schon damals war der Aufwand für einen einzelnen Verein, bei aller Unterstützung durch den Vereinswirt, wohl schon sehr hoch und so schloss man sich am 6. September 1924 mit dem Turn- und Rasensportverein “Germania 1912“ und dem Tambourkorps “Gut Klang“ zusammen.

1926 wurde der Vorstand teilweise neu gewählt. Präsident wurde Johann Rose, Schriftführer war Heinrich Rose, Kassierer Hubert Wälder, zweiter Kassierer Jakob Mertens und Fähnrich Josef Hohnert. Der Jahresbeitrag wurde auf 1,50 Mark festgesetzt. Der Verein hatte zu dieser Zeit 21 Mitglieder.

Beim Maifest desselben Jahres wurde auch unter der Teilnahme aller Ortsvereine und der Gastvereine eine neue Junggesellenvereinsfahne enthüllt und nachdem die Maikönigin eine “von den Jungfrauen des Dorfes gestiftete Schleife“ an der neuen Fahne befestigt hatte, ging der Festzug durch das Dorf. Bei den Stifterinnen der Schleife handelt es sich um die ebenfalls im Jahre 1920 gegründete Jungfrauenkongregation, einer kirchlichen Vereinigung junger Frauen und Mädchen, die noch in den fünfziger Jahren in Oberdrees bestanden hatte.

Im Jahre 1927 vermerkt das Protokollbuch erstmals ein Preisfändelschwenken zum Maifest. Der Brauch des Fähndelschwenken ist bereits seit dem Mittelalter bekannt. Die leichten Fahnen wurden bei Ritterturnieren ebenso geschwenkt wie bei feierlichen Anlässen der Vornehmen. Dementsprechend trugen die Fähnriche stets farbenprächtige Uniformen. Dieser Brauch des Mittelalters wurde dann später von den Landsknechten übernommen und findet sich jetzt in den Gebräuchen der Junggesellenvereine wieder, denn auch die Ursprünge dieser Vereine liegen schon vor mehreren hundert Jahren. So führen zum Beispiel die Rheinbacher Junggesellen ihre Entstehung auf das Jahr 1597 zurück.

Auch das Hahneköppen der Junggesellen am Kirmesdienstag auf dem Oberdreeser Schulhof wird erstmals 1927 erwähnt. Hahnekönig wurde damals Peter Konzen. Leider werden in den Protokollen über diesen Brauch keine Einzelheiten berichtet und auch in den Folgejahren ist über das Hahneköppen nichts mehr vermerkt.

Im September 1931 wurde ein neues Protokollbuch angelegt, das leider nicht mehr auffindbar ist So sind uns aus dieser Zeit nur wenige Nachrichten erhalten Interessant ist das schon damals ein – wie wir heute sagen – Ortsauschuss bestanden hat.

Als unter der nationalsozialistischen Herrschaft alle Vereine gleichgeschaltet wurden, musste auch der Junggesellenverein seine alljährlichen Stiftungsfeste unter Beifügung des vorgesehenen Programms von der Behörde genehmigen lassen.

In der Zeit des großen Weltkrieges und in den schweren Jahren danach kam das Junggesellenleben zum Erliegen. Aber schon Anfang der fünfziger Jahre waren die Vereinsmitglieder wieder sehr aktiv.

Schon immer beteiligten sich die Junggesellen in vielfältiger Weise am Dorfgeschehen. So regiert noch heute der “Paias“ die Oberdreeser Kirmes. Dieser Paias, oder Kirmesmann, ist eine mannsgroße, mit Hemd, Hose, Hut und Schuhen bekleidete Strohpuppe, die von den Junggesellen für die Kirmes angefertigt und Kirmeseröffnung feierlich “herausgeholt“ wird.

Da die Brauchtumspflege aller Oberdreeser Ortsvereine, immer vom Ortsausschuss und dessen Vorsitzenden Ludwig Fett unterstützt und gefördert, weit im Bonner Land bekannt ist, haben sich auch auswärtige Aktivitäten entwickelt. So obliegt es seit 1987 den Oberdreeser Junggesellen auch, da derartige Aktivitäten in Rheinbach derzeit nicht gepflegt werden, Rheinbacher Maibaum auf den dortigen Wällen aufzustellen (heute übernimmt dies die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Rheinbach).

Ein besonderes Ereignis und Erlebnis für den Verein war die Teilnahme an den Feierlichkeiten am 16. Juli 1988 mit der Ehrengarde der Stadt Bonn e.V. und dem Bonner Stadtsoldaten Corps von 1872 e.V. zur szenischen Darstellung eines historischen Ereignisses vom 8. Oktober 1794. Nachgestellt wurde der Einzug der französischen Revolutionstruppen in die Churfürstlich-Cöllnische Residenzstadt Bonn. Der Junggesellenverein Oberdrees war auserkoren, hierbei auf dem Marktplatz in Bonn einen französischen Freiheitsbaum aufzurichten.